Von Peter Scholz (OTZ)
Marie Kriesche staunt. Auch heute noch. "Ich war schon überrascht, als ich hörte, dass ich Handball-Trainerin des Jahres geworden bin", sagt die Nachwuchs-Übungsleiterin beim 1. SSV Saalfeld, die Mitte Dezember den Ehrenamtspreis des Thüringer Handball-Verbandes in dieser Kategorie erhielt. Und die Verwunderung hat in den vergangenen Tagen nicht abgenommen: "Ich weiß, dass es mehrere Kandidaten gab. Da ist es schon überraschend, dass die Wahl auf mich fiel."
Überraschend ist es für Marie Kriesche auch, weil im vergangenen Jahr nicht wirklich viel passierte auf dem Handball-Parkett. Pandemie-bedingt fanden Punktspiele so gut wie nicht mehr statt, Trainingseinheiten wurden reduziert und vielfach auch komplett abgesagt. "Ich denke, dass die in diesem Jahr Geehrten auch für ihre Verdienste in den vergangenen Jahren ausgewählt wurden", sagt die 27-Jährige.
Und genau das dürfte auch auf Marie Kriesche zutreffen. Denn der Aufschwung im Nachwuchs-Handball beim SSV Saalfeld und der HSG Saalfeld/Könitz ist untrennbar mit der Lehramtsstudentin verbunden. Vor mehr als zehn Jahren, damals, als sie in der elften Klasse und selbst als Handballerin bei den Oberliga-Frauen aktiv war, stieg sie in das "Trainer-Geschäft" ein. Sie wurde Nachwuchstrainerin zu einer Zeit, als die Arbeit mit den Kindern weitestgehend eingeschlafen war.
"Vor zehn Jahren gab es bei uns ein oder zwei Jungen-Teams im Kinderbereich und eine Mädchenmannschaft", erinnert sich Marie Kriesche. Besetzt war gerade einmal eine Altersklasse, vielleicht ein Dutzend Spielerinnen und Spielern zählte man bei den Trainingseinheiten. Und so stand die damals 17-Jährige gemeinsam mit Eva-Maria Röhner vor einer großen Aufgabe.
Bis 2015 gab es für Marie Kriesche fast nichts anderes als Handball: Denn neben dem Training mit dem Nachwuchs spielte sie in den Saalfelder Frauenmannschaften. "Früher war ich manchmal jeden Tag in der Sporthalle, habe Handball gespielt", sagt die junge Frau, die in der fünften Klasse mit dem Handballsport begann. Dann machten der Saalfelderinnen Verletzungen das Sport-Leben schwer, nach zwei Kreuzbandrissen war Schluss mit dem sportlichen Ambitionen.
Doch Marie Kriesche konnte nicht von ihrem Hobby lassen, engagierte sich immer mehr im Nachwuchsbereich. "Letztlich habe ich in den vergangenen Jahren Mannschaften in fast allen Altersklassen trainiert", erinnert sie sich. Dabei gibt Marie Kriesche auch zu, dass sie am liebsten mit den jüngeren Mädels und und Burschen trainiert: "Es ist immer wieder schön zu sehen, wie schnell Grundschüler sich entwickeln. Man sagt nicht umsonst, dass man bis zum zwölften Lebensjahr im goldenen Lernalter ist", so die angehende Lehrerin für Sport und Geschichte.
Und die Erfolge sind beeindruckend: Die Saalfelder haben heute alle Altersklassen besetzt, in zwölf Nachwuchsteams wird Handball gespielt. Mit Jannyk Scheidig oder Lara Bock klopfen zudem zwei Akteure bei den Männer- beziehungsweise Frauen-Mannschaften an, die das Handballspielen von der Pike auf beim 1. SSV und damit bei Marie Kriesche erlernten.
Allerdings geht auch jetzt nichts mehr beim Nachwuchs: "Ich gehe nicht davon aus, dass wir im Nachwuchsbereich in dieser Saison noch einmal spielen", sagt Marie Kriesche. Und es klingt traurig, wenn es die Trainerin des Jahres 2020 des Thüringer Handball-Verbandes sagt.